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Heilung

Nach zwei Jahren mit dem Coronavirus war der Hunger nach „Heilung“ in der Aula förmlich zu spüren. Die Besucher genossen ein abendfüllendes Kulturevent, das alle fünf Sinne der Gäste herausforderte.

Die Tanztruppe der 10. Klassen unter Jasmin Striffler, der Kunstkurs von Berit Klasing und der Musikkurs des Abiturjahrgangs von Bettina Behage stellten ein abwechslungsreiches Programm auf hohem Niveau auf die Bühne.

Unter Kugelgebilden aus Rettungsfolie, die an Coronaviren erinnerten und damit das Motto der Veranstaltung genau widerspiegelten, begann die Vernissage des Kunstkurses. Großes Interesse erregten die Exponate und viele Bilder, die sich mit physischen und gesellschaftlichen Defiziten beschäftigten. Hoffnungsvoll zeigten sie Wege aus der Misere. Ein weiblicher Torso klagte die Sexualisierung von Frauen an. Verschiedene synaptische Stellen im Gehirn leuchteten in einer Installation, dieses transparente Gehirn konnte durch eine Maus gesteuert werden. Elisabeth Schlegel zeigte in hoffnungslosem Schwarzweiß eine Frau, vor einer tristen Wand, in Trauer kauernd. Eine nur in Rottönen gestaltete Senkrechte mit roten Sprengseln von Sophia Zilm erinnerte an die Faszination der Zusammensetzung von Blut in der Ader. Kristina Becker ließ die Ohren des Betrachters schmerzen mit ihrem Bild, auf dem der Revolver die Kugel direkt ins Ohr feuerte. Da half auch nicht Anastasia Witts präzise Darstellung von gesunden Herztönen des EKG, die das Ohr erreichen. Auch Anne Neumann fühlte sich in der Badewanne in schwarzem Wasser, von außen bedroht durch schwarze Zungen, sichtlich unwohl bis zur Gesichtslosigkeit.

Die Jungen und Mädchen, mit denen Frau Striffler seit längerem intensiv geprobt hatte, zeigten die Performance „Always On“ im modernen Ausdruckstanz. Der Weg wurde dem Gehetzten durch das Navi vorgegeben, die Bewegung nur durch SMS gestoppt, in der manche Frage aufkam. Die Konversation unter FreundInnen war durch das Handy bestimmt: Abkürzungen und Missverständnisse prägten die kurzen Gesprächsfetzen, die jeder nur beizutragen in der Lage war. Wo man essen gehen solle? Sushi („OMG!“) oder beim Italiener oder war das der neue Freund von einer („Wer?“)? Jeder hatte die Kommunikation – aber kP: keinen Plan. Wie in der „Linie 1“ des Grips-Theaters zeigte auf dem Weg zum Treffpunkt keiner der Handystarrer einen einzigen Blick auf die Mitmenschen und –tänzerInnen. Das Display führte die gemeinsame Kommunikation zum Nullpunkt: „Du bist mir egal, total egal.“

Aus der Büroarbeit hatten die SchülerInnen eine Reminiszenz ans „Café Müller“ von Pina Bausch entwickelt. Unterbrochen wurde das hektische Stühle schleppen durchs Handy – auch dieses Mal rief eine SMS zum Innehalten auf – aber nur so kurz, wie eine Short Message eben ist. Vor allem Alina und Kilian spannten die Erzählung weiter, als sie sich anschließend im Tanz näher kamen. Dem geneigten Zuschauer verging beinah Hören und Sehen, denn man konnte kaum ausmachen, worin diese beiden selbst das sehr hohe künstlerische und technische Niveau der anderen noch zu überragen vermochten. Aber die schönste romantische Szene wurde jäh beendet – durch den alles durchdringenden Klingelton. Ausnahmslos jeder dieser Zehntklässler tanzte erstklassig.

O-Ton:

Herzlichen Glückwunsch zu der sehr gelungenen Veranstaltung gestern! Ich mußte leider noch ins Zentrum, aber was ich mitbekommen habe, fand ich sehr gut und vielversprechend.

Markus Mayer, Geschäftsführer DSM

Die Jungen und Mädchen, mit denen Frau Striffler seit längerem intensiv geprobt hatte, zeigten die Performance „Always On“ im modernen Ausdruckstanz. Der Weg wurde dem Gehetzten durch das Navi vorgegeben, die Bewegung nur durch SMS gestoppt, in der manche Frage aufkam. Die Konversation unter FreundInnen war durch das Handy bestimmt: Abkürzungen und Missverständnisse prägten die kurzen Gesprächsfetzen, die jeder nur beizutragen in der Lage war. Wo man essen gehen solle? Sushi („OMG!“) oder beim Italiener oder war das der neue Freund von einer („Wer?“)? Jeder hatte die Kommunikation – aber kP: keinen Plan. Wie in der „Linie 1“ des Grips-Theaters zeigte auf dem Weg zum Treffpunkt keiner der Handystarrer einen einzigen Blick auf die Mitmenschen und –tänzerInnen. Das Display führte die gemeinsame Kommunikation zum Nullpunkt: „Du bist mir egal, total egal.“

Aus der Büroarbeit hatten die SchülerInnen eine Reminiszenz ans „Café Müller“ von Pina Bausch entwickelt. Unterbrochen wurde das hektische Stühle schleppen durchs Handy – auch dieses Mal rief eine SMS zum Innehalten auf – aber nur so kurz, wie eine Short Message eben ist. Vor allem Alina und Kilian spannten die Erzählung weiter, als sie sich anschließend im Tanz näher kamen. Dem geneigten Zuschauer verging beinah Hören und Sehen, denn man konnte kaum ausmachen, worin diese beiden selbst das sehr hohe künstlerische und technische Niveau der anderen noch zu überragen vermochten. Aber die schönste romantische Szene wurde jäh beendet – durch den alles durchdringenden Klingelton. Ausnahmslos jeder dieser Zehntklässler tanzte erstklassig.

Die MusikerInnen von Frau Behage sprachen Seh- und Hörvermögen an: Sie hatten sich dem Stummfilm gewidmet und professionell wirkende Filme gedreht und mit Musik unterlegt. Nur in den letzten beiden Filmen schien man es mit dem Wort „Stummfilm“ zu genau genommen zu haben. „Der besondere Kaffee“ schmeckte immer gleich. Zwischen den beiden Akteuren bestand die einzige Kommunikation in diesem schwarzen Morgenkaffee. Tagaus, tagein. Die Routine, gut in Szene gesetzt durch wiederkehrende Bilder, deren Sequenzen immer kürzer wurden. Offenbar fanden beide nicht so recht Geschmack an diesem Morgenritual, trachteten beide doch danach, den Kaffee des anderen so zu würzen, dass es dem Opfer noch für die restliche kurze Zeit in lebendiger Erinnerung bleiben würde. Die schöne heile Welt, gestützt von seichter, anheimelnder Musik. Leise überspielte sie auch den gegenseitigen Mordversuch. Bond 007 beehrte in einem andern Stummfilm unsere Schule. In der unterirdischen Bar, in der er seinen Martini zu sich nahm, erlöste er das alleine drapierte, hilflose Opfer eines diabolischen Quacksalbers, bevor dieser in den weitläufigen Kellern ein neues Gift an diesem Bondgirl ausprobieren konnte. Im dritten Kurzfilm wirkte die Schmuckmafia in schwarz-weiß kaltblütig. Die Patin ließ nicht nur manchen eiskalt morden.

Da versagte sogar der Musik die Stimme. Auch in dem Film, in dem nach einem Streit die Fernbedienung herunterfällt und nicht nur die Stimmung, sondern gleich das gesamte Haus explodieren lässt, war die musikalische Stille atemberaubend. Der Unterschied zwischen den schwarz-weißen Bildern aus dem Leben eines Drogenabhängigen und den farbigen Bildern des gleichen Lebens ohne Drogen, zwischen seinem farblosen Wohnsilo und dem mühsam stolpernd zurückgelegten Weg zum Auto und dem bunten Häuschen mit beinah tänzerischem Schritt im Garten wurde deutlich mit gegensätzlich gestimmter Musik.

O-Ton:

Ganz herzlichen Dank für das wirklich außerordentlich gelungene Kunstprojekt! Ich war persönlich sehr beeindruckt und habe auch von Eltern und Besuchern nur Begeisterung und Freude als Reaktion mitbekommen. Kompliment und nochmal vielen Dank für die Arbeitszeit und das Engagement!

Peter Jigalin, Schulleiter

Geschmacks- und Geruchssinn wurden angenehm angesprochen von den Kochkünsten der SchülerInnen: verschiedene Suppen, Kleinigkeiten wie auch Getränke wurden mit Grazie serviert. Erhältlich dazu ein selbstgestaltetes Kochbuch dieser kulinarischen Köstlichkeiten.

Haptisch konnte man unter fachkundiger Anleitung Freundschaftsbänder knüpfen, Kraniche mit red wings oder Masern basteln oder blind sein eigenes Porträt zeichnen.

Erst gegen 21 Uhr neigte sich eine ganzheitliche, alle fünf Sinne ansprechende Performance dem Ende zu. Die Kommentare zeugten nicht nur von allgemeiner Zufriedenheit, sondern auch davon, dass sich manch einer, dem Motto der Veranstaltung nach, „geheilt“ fühlte von den vielen kulturellen Entbehrungen der letzten beiden Jahre.

Vielen Dank dem Konsortium unserer Kunstschaffenden der verschiedensten Disziplinen!

Gero Markus (Text und Foto), Anna Stollenwerk (Foto)